2. Verhandlungstag – Hauptverhandlung gegen Taha Al-J (27. April 2020)

Protokoll: Alexander Schwarz

Nach dem Auftakt des ersten Prozesses wegen Genozid an den Jesiden vor dem Oberlandesgericht Frankfurt erläuterte am zweiten Verhandlungstag ein Polizist der Polizeinspektion Diebholz, wie es überhaupt zu dem Ermittlungsverfahren gegen al J.s Ehefrau Jennifer W. kam, die vor dem OLG München gesondert wegen Mordes an dem 5-jährigen Mädchen angeklagt ist.

Ob die beiden noch ein Ehepaar sind oder es de jure überhaupt jemals waren, ist laut Gericht noch unklar. Am ersten Verhandlungstag wurde in der Anklage zumindest verlesen, al J. habe die heute 29 Jahre alte, aus einem Dorf in Niedersachsen stammende Konvertitin „nach islamischem Recht geheiratet“.

Der Polizist – den das Gericht als Zeugen geladen hatte – berichtete, wann und wie die deutschen Behörden von Jennifer W. und deren mutmaßlichen Verbrechen erfuhren, beziehungsweise wie das Ermittlungsteam und er persönlich diese Informationen überprüften und verifizierten. Neben etlichen technischen Details und einigen Ausführungen zur Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden beim LKA Niedersachsen, beschrieb der Zeuge Einzelheiten über seine mehrmaligen Gespräche mit der Mutter von Jennifer W.

Der Polizist berichtete, Jennifer W.s Mutter (Ilona W.) habe sich im September 2014 an die Polizei Diebholz gewandt und dort von der Islamisierung ihrer Tochter berichtet. Ihre Tochter sei zum Islam konvertiert, nur noch vollverschleiert durchs Dorf marschiert und habe sich nun vermutlich dem IS in Syrien angeschlossen. Später informierte die Tochter ihre Mutter per Chat, es gehe ihr gut, sie befinde sich in einem islamischen „Frauenhaus“, wo Gotteskrieger aufpassten, dass sie nichts Unrechtes anstelle. Offenbar lernte sie dort auch ihren späteren Gatten kennen, der als „Leiter des Büros für schariagemäße Geisteraustreibungen“ beruflich viel in den Frauenhäusern zu tun hatte.

Das Gericht unterbrach die Zeugenaussage des Polizisten, mit dem Hinweis, dass sich sowohl die Mutter (Ilona W.), als auch Jennifer W. ggf. auf ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. 52 StPO berufen können, weshalb zunächst deren Aussagen gehört werden sollen.  Der Zeuge wurde deshalb gebeten, keine inhaltlichen Aussagen mehr darüber zu treffen, die ihm von Jennifer W. oder deren Mutter (Ilona W.) zugetragen wurden.

Nach ihrer unfreiwilligen Rückkehr hatte der Polizist Jennifer W. als „sehr konservativ-religiös“ und „sicherlich nicht desillusioniert“ kennengelernt. „Sie war immer vollverschleiert, trug Handschuhe, verweigerte den Handschlag.“ Sie spendete wohl auch ordentlich für „islamische Hilfsvereine“ – und zwar so großzügig, dass ihre Bank eine Anzeige wegen des Verdachts auf Geldwäsche in die Wege leitete. W. unterhielt wohl auch Kontakte zu Schwestern im Glauben, etwa „einer radikalisierten 14-Jährigen“, die sie mit gottgefälligen Klamotten versorgte.

Im weiteren Verlauf berichtete der Zeuge über die Herkunft von Facebook-Einträgen, Youtube-Videos und Whats App-Chats – allerdings ohne Bezug auf deren Inhalt.

Als Jennifer W. abgeschoben wurde, war sie im siebten Monat schwanger, kurz darauf gebar sie eine Tochter. Als Tahar al J. zu seinem Entsetzen erfahren habe, dass seine Frau das Kind nicht eigenbrüstig stille, habe er gedroht, einen „Onkel aus Düsseldorf“ bei ihr vorbeizuschicken, der ihr das Kind wegnehmen werde. Dazu kam es nie.

Z. berichtet, das am 20.4. das gemeinsame Kind des Angeklagten und der Jennifer W – Luma W. – in Deutschland geboren sei.

Das Gericht wollte wissen, ob es hinsichtlich der geborenen Tochter „Luma“ einen DNA-Test gegeben habe, der die Vaterschaft des Angeklagten bestätigt habe.

Das öffentliche Interesse an dem Verfahren war gesunken – am zweiten Tag der Verhandlung waren mehrere Plätze für Medienvertreter*innen im Gerichtssaal frei geblieben. Die freien Plätze wurde an Zuschauer*innen vergeben.

Das Verfahren wird fortgesetzt am 29. April 2020.

2. Februar 2022